Ein Monat Dublin – Gestrandet an der Küste der Unabhängigkeit

Ich bin nun seit etwas mehr als einem Monat in Dublin. Ich kam in ein Land, kannte keinen Menschen, und so ziemlich alles was schiefgehen konnte ging schief. Wir standen tendenziell nach 3 Tagen da – ohne Wohnung, ohne Job, ohne etwas. Und es war mal gut, zu erleben, wie es ist, wenn man keinen hat, und sich selbst um Dinge kümmern muss. Ich denke das was wir da gerade machen nennt man erwachsen sein, und ich denke bis jetzt sind wir ziemlich gut darin. Ich möchte im Folgenden mal all die Etappen unserer Reise kurz zusammenfassen. Vom Leben als de facto Obdachlose bis hin zur eigenen Wohnung mit Job.

Ankunft

Kurz bevor unserer Ankunft ist erst mal der Plan zum Einzug in eine WG geplatzt. Wir hatten 3 Tage im Hostel gebucht. Danach wollten wir umziehen. Nun kamen wir in Dublin an, ohne zu wissen, wo wir in drei Tagen unterkommen sollen. Glücklicherweise konnten wir unseren Aufenthalt verlängern. Ansonsten hätten wir gleich schon unseren Rückflug buchen können.

Das Hostel

Die erste Zeit in Hostel war ziemlich langweilig. Überall hörte man Spanisch und Portugiesisch, doch das sollte sich schnell ändern. Nach den ersten paar Tagen lernten wir dann Leute kennen. Von überall aus der ganzen Welt. Wir fingen an uns ein Netzwerk aufzubauen. Und vor allem fing ich an eine Liste zu schreiben, mit Menschen, die ich bald besuchen musste. Und ich weiß, es wäre das Beste, und wahrscheinlich das billigste wenn ich mir ein eigenes Flugzeug dafür kaufen sollte. Doch der nächste Rückschlag wartete nicht lange auf sich. Als wir bei unserer Recruitment Agency auftraten, die uns eigentlich einen Job bei HP zugesichert hatten, der dann letztlich doch nicht mehr verfügbar war, standen wir wieder da – mit leeren Händen. Wir hatten uns zwei Wochen ins Hostel eingebucht, doch das konnte kein Dauerzustand sein. Und ohne Arbeit gibt es bekanntlich auch kein Geld. Wir zogen also los und stürmten in jeglichen Laden, bewarben uns bei allen möglichen System-Halsabschneider Systemgastronomien, und scheiterten abermals. All die Wohnungssuche war vergebens, all die E-Mail, all die Telefonate. Am Ende wurden einem Dinge versprochen, die nie geschahen. Man vereinbarte Treffen, bei denen man auf jemand wartete, der neimals kommen sollte. Wir wussten nicht wie es weitergehen sollte, und wir wussten nicht was kommen wird. Wir waren so geizig wie möglich und ernährten und zwischenzeitlich nur vom Frühstück, und Dingen, die uns die Leute – wahrscheinlich aus Mitleid schenkten. Das einzige was uns noch von Obdachlosen unterschied, war die Tatsache, dass wir in einem Hostel untergekommen sind. Doch wir hatten mittlerweile Leute kennengelernt, die uns die Zukunft in Dublin sichern sollten. Wie gesagt all die Wohnungssuche via Internet und Telefon war vergebens – und letztlich fanden wir eine Wohnung beim Bier mit anderen Leuten. Da war ein Gamesdesigner aus dem Hostel, dessen Kollege für den er arbeitete, ein Logement in Dublin anzubieten hatte. Ich weiß nicht ob es Glück war, dass wir diese Wohnung bekommen haben, oder einfach nur mal ein Lohn für all die aufgewendeten Mühen. Unsere Sorgen waren schon mal um einiges gemindert. Wenn ich eines gelernt habe, dann das man Leute auf der Straße treffen kann, in Pubs, oder in einem Hostel. Verbale Kommunikation von Gesicht zu Gesicht, ist anscheinend immer noch das Beste. Doch wir suchten immer noch nach einem Job, und wir hatten dann doch ein wenig Hilfe von daheim. Neben warmen Worten, wurden wir hier an eine deutsche Gemeinde verwiesen, die uns auch ein bisschen auf die Beine halfen. Außerdem hatten wir uns auch mal beim Goethe Institut erkundigt – wenigsten hatten wir jetzt Leute in unserem Netzwerk, bei denen man zur Not unterkommen konnte.

Umzug ins eigene Domizil

Zunächst war man mal froh eine Wohnung zu haben, und ein bisschen Komfort zu genießen. Doch man merkte schnell, dass man den Anschluss zu anderen Menschen verliert, wenn man den ganzen Tag in der Wohnung vor sich hin vegetiert. Also war der Gang zurück zum Hostel beinahe alltäglich. Auch unsere Jobsuche weitete sich aus. Wir hörten natürlich nichts mehr, von all den Stellen, wo wir unsere CV’s abgegeben haben. Also bewarben wir uns jetzt überall online – bei Google, Facebook, Dropbox, Keywords,… Eigentlich bei so ziemlich jeder Firma, die sich hier so festgesetzt hat. Wir konnten froh sein, dass wir mittlerweile so viele Menschen kennengelernt hatten – und vor allem konnten wir froh sein, dass wir so eine gute Wohnung mit einem tollen Mitbewohner erwischt hatten, der sogar Rentier für uns kochte, das er eigens aus seinem schwedischen Heimatland importiert hatte. Alles in allem schien es bergauf zu gehen. Wir hatten jetzt zumindest nicht mehr den Druck, und eine zeitnahe Deadline etwas finden zu müssen. Wir konnten uns wieder ein wenig mehr darauf konzentrieren unseren Aufenthalt in Dublin zu genießen. Was zwangsläufig wieder dazu führte noch mehr Menschen kennenzulernen. Wir konnten das, was wir bis dato Netzwerk nannten nun immer mehr Freundeskreis nennen. Bei dem ganzen gab es nur ein Problem, wenn man Leute in einem Hostel kennenlernt – die meisten sind ziemlich schnell wieder weg. Und Abschied ist eines der Dinge, auf die ich eigentlich gerne verzichten würde, gerade bei Menschen, die man liebgewonnen hat. Aber das gehört anscheinend auch dazu.

Die letzten Tage in Arbeitslosigkeit
Dann erhielten wir vor kurzem einen langersehnten Anruf von der Recruitment Agency. Man hatte einen Job für uns. Nachdem man uns scheinbar vergessen hatte. HP stelle wieder ein, und nachdem wir dann diesen ganzen Assessment Kram hinter uns gebracht hatten, fangen wir nun an dort zu arbeiten. Wir haben nun alles was man hier zum Überleben braucht. Hat ja auch nur einen Monat gedauert. Doch es war ganz gut zu sehen, dass nicht immer alles klappt, wie man es sich vorstellt.

Die Vorstellung, dass man hier mit offenen Händen empfangen wird war zugegebenermaßen ein wenig naiv. Doch letztlich war es diese Naivität, die mich hierher geführt – der jugendliche Leichtsinn, der Drang etwas Neues zu erleben. Ich würde eigentlich noch viel mehr schreiben wollen, doch dann würde das ein nie enden wollender Text werden. Man muss wissen, dass diese zwei Seiten ca. 100 Seiten in meinem Journal zusammenfassen. Man erlebt hier in einem Monat einfach viel zu viel, als es an einem Tag in Kurzform zusammenfassen zu können.

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