Zurück in Dublin und Knecht der Arbeit

Die letzten Monate kann man alles nennen, nur nicht einfach. Der Spagat zwischen Fremde und Heimat, zwischen Heimat und Fremde ist nicht so einfach, wie ich mir es vorgestellt hatte. Die Grenzen verwischen sich, und manchmal schaut man hinter sich und weiß gar nicht ob man den Weg den man gerade sieht von einem selbst gegangen wurde, bewusst gewählt wurde oder einen auferlegt wurde. Von etwas Unbekannten, das man nicht fassen kann, von etwas vor dem man in seinem Tiefen am liebsten leugnen würde, dass es es gibt.

Ich bin nun seit einem knappen Monat zurück auf der grünen Insel, weit weg von allem. Und kaum war ich zurückgekehrt rief schon die Arbeit nach mir. Zeit ist eine der Dinge, die man nicht anhalten kann, die keine Rücksicht auf einem nimmt, egal was passiert. Und doch schafft sie Dinge wie Zukunft und Vergangenheit. Und dazwischen gibt es noch die Gegenwart, in der man zu verstehen versucht, was gerade passiert ist, und was denn jetzt noch kommen wird.
 
Nun gut, kommen wir zur Sache – was hat der Januar gebracht? Am 6. dieses Monats brach ich erneut meine Zelte auf und fand mich in Irland wieder. Und am 7. Stand mir schon mein zweiter erster Arbeitstag bei HP (die mit den Druckern) bevor. Ich bekam alles, was sich der ein oder andere Mensch zu wünschen würde. Geregelte Arbeitszeiten, drei Wochen bezahlte Vorbereitung und einen Alltag. Die erste Woche fiel dementsprechend entspannt aus. Man fuhr mit dem Bus um acht zur Arbeit und war um halb sechs wieder in der Geborgenheit seiner Apartments. Wo man eigentlich schon gleich wieder schlafen gehen konnte.
Ich hatte das, was man normales Leben nennen könnte – und ich bin ehrlich wenn ich sage, dass ich es nicht mochte, und immer noch nicht mag. Es war nicht der Sinn meiner Reise mich in einen Vertrag knechten zu lassen, der mich monotone Arbeit verrichten lässt. Ich war nichts weiter als einer von weiteren tausend Ochsen, gefangen unter dem Joch der Arbeit. Beschränkt auf die Pflichten und gehindert an der Entfaltung seiner Fähigkeiten. Und das alles nur des Geldes wegen. Ich nehme an so dreht sich die Welt leider. Zu viele Menschen gibt es, die sich selbst in der Tretmühle der Arbeit verloren haben. Es könnte ja wahrlich schlechter sein. Das Risiko wäre ja auch viel zu groß, etwas Neues zu wagen.
 
Ich muss ehrlich sagen, es hätte in der Tat schlimmer kommen können. Doch meine ganze Reise war ein Risiko. Ist es immer noch. Und ich als risikophiler, unstetiger Mensch bin es eigentlich meiner eigenen Persönlichkeit schuldig diese Argumentation nicht gelten zu lassen, und mich auf die Suche nach genau dem zu machen, nach dem Neuen, nach der Freiheit und letztlich auch nach mir selbst.
 
Doch genug Abstraktion für den Moment. Mein erstes Wochenende zurück in Dublin fiel entsprechend mau aus. Man traf sich mit irgendwelche Arbeitskollegen, die ich gar nicht kannte. Die zwei Guinness, die es dazu gab schienen den Abend auch nicht mehr zu retten. Schließlich führte der Weg dann in eine Kirche. Ich muss dazu sagen, dass die Kirche in eine Bar umgebaut wurde. Dort widmete ich mich dann einer ausgiebigen Psychoanalyse der sonstigen Gäste. Das war eigentlich auch ganz amüsant. Es war alles dabei von Außenseitern bis hin zu den größten Vertretern der Oberflächlichkeit.
 
Es ging weiter mit dem was man Arbeit nannte. Man knüpfte Kontakte und ließ sich einarbeiten. Es gibt freilich schönere Berufe, als vor dem Telefon darauf zu warten, dass jemand mit einem Problem anruft, das man lösen soll. Man muss aber auch dazu sagen, dass es deutlich schlechtere gibt. Ich muss mich wohl vorerst damit abfinden. Zumindest wenn ich weiterhin ein Dach über dem Kopf und etwas zu essen haben will. Doch eigentlich befand ich mich in dieser Woche immer noch im Training, und man erzählte mir, was meine künftige Tätigkeit alles so mit sich bringt. Wenigstens gab es Kaffee umsonst. Ein Retter, der sich durch die Jahrhunderte als treu ergeben erwiesen hatte.
 
Eine weitere Woche des Trainings war beendet, und ich wurde pünktlich zum Freitag krank. Dieser Umstand fesselte mich dann ans Bett. Ich sollte am Montag ja schließlich wieder fit sein, und mich der Arbeit widmen können. So war es dann auch. Ein Wochenende voller Schlaf und Nichts. Aber Schlaf tut auch manchmal gut.
 
Die Arbeit ging weiter. Die letzte Woche im Training. Die letzte Woche vor der echten selbstständigen Arbeit. Nun hatte ich es geschafft. Das Training war vorüber. Ich trank Hektoliter von Kaffee und heißer Schokolade. Letzteres um einen Koffeinschock zu vermeiden, vor dem ich schon des Öfteren stand. Und schon wieder stand das Wochenende vor der Tür. Hauptsache etwas machen war die Devise. Und so machte man sich am Samstagsmorgen um sieben auf den Weg gen Galway. Die Westcoast rief nach mir. Leider interessierte das den Busfahrer herzlich wenig, und wir hatten dann 20 Minuten Verspätung auf dem Plan stehen. Das war leider fatal, denn wir kamen um 11:40 da an, wo uns ein Bus an die Cliffs of Moher befördern sollte, der allerdings um 11:30 abfuhr. Und aufgrund fortgeschrittener Technisierung unserer Gesellschaft hatten wir leider schon bezahlt. Doch zum Glück gab es ein weiteres Unternehmen, das an dem Tag Geld verdienen wollte. Also kamen wir wenigstens doch noch an die heißersehnten Klippen.
Die Tour versprach ganz lustig zu werden. Wir machten noch einen Zwischenstopp an einer steinalten Steinformation, die deshalb so besonders war, weil sie steinalt war. Danach gab es erst mal Mittagessen in einem typischen irländischen Kaff, denn das Besucherzentrum war aufgrund des starken Winds geschlossen, und eine Überfahrt dorthin schien noch ungewiss.
 
Doch nachdem wir unser, aus einem Guinness bestehenden, Mittagessen hinter uns gebracht hatten, ging es trotz der widrigen Umstände in Richtung der Felsformation. Dort angekommen wackelte schon unser Bus. Es war zugegebenermaßen ein wenig Windig. Als wir dann ausstiegen kam peitschte uns der Wind zurück. Doch voller Mut und Tatendrang nahmen wir den Pfad hinauf zur besten Aussicht. Das Wasser drückte sich den Fels hoch, sodass man pitschnass wurde. Hauptsache man hatte gratis W-LAN. Man konnte in die Luft springen und wurde beinahe bis nach Galway zurückgetragen. Es waren die ungebändigten Kräfte der Natur, vor denen man hinter der Mauer entlang Schutz suchen musste. Mittelohrentzündungen waren ansonsten garantiert. Es war als würde ich von der Natur beschossen werden – doch ich antwortete entsprechend mit meiner Kamera, die über die Mauer die Landschaft ausspähte, und wieder einiges mitmachen musste.
Es war dann wieder Zeit Schutz und Wärme im Bus zu suchen, und uns zurück nach Galway zu begeben. Unser Busfahrer erzählte uns noch ein wenig von Geschichte, guten Pubs und gab sogar eine kleine Gälischlehrstunde. Als dann alles ausgestiegen war, wurden wir noch extra bis vor unser Domizil gefahren, und der Busfahrer, dessen Namen ich leider vergessen habe, erzählte uns noch, dass er jetzt noch den Bus reinigen darf, und danach daheim antreten muss um die Kinder zu hüten. Es gab uns aber noch die besten Empfehlungen für Galway mit auf den Weg.
 
Im Bed&Breakfast bekamen wir dann erst mal ein kostenloses Upgrade zum 4-Bett Zimmer. Wir richteten uns kurz ein und machten uns auf den Weg Richtung Zentrum. Dort fragten wir natürlich irgendwelche Musiker nach einem ordentlichen Point of Interest, wie man heutzutage sagt. Doch letzlich endeten wir in einem Pubähnlichen Club names Kelly’s. Dort gab es dann feinste Livemusik von Jonny Cash bis zu dem Strokes.
 
Danach trat man mal wieder den Heimweg mit dem Wissen auf ein gutes Frühstück am nächsten Tag an. Galway ist recht nett, auch wenn es um einiges kleiner als Dublin ist. Doch das ist gerade das, was man als ihren Charme bezeichnen könnte. Außerdem ist Galway um weiten irischer als das globalisierte Dublin. Man sieht doch schon viel mehr Gälisch und stereotypischere Gebäude und Menschen als in Dublin.
Der nächste Tag wurde dann dem Tee-Trinken verschrieben. Das erste Teehaus auf der Karte nannte sich Kai. Dort gab es dann eine ganze Kanne für lausige 2,50 Euro. Daran hatte man gut eine Stunde getrunken. Das nächste Etablissement nannte sich Lighthouse und hatte einen ganz besonderen 20er Jahre Charme. Es gab einen schmackhaften Roibos Tee mit einem deliziösen Brownie.
 
Danach rief schon der Abschied vom beschaulichen Küstenstädtchen. Viel zu kurz war der Aufenthalt, den man hauptsächlich im Umland und in Teehäusern verbracht hatte. Doch die Arbeit rief schon wieder am nächsten Tag. Der Alltag hat einen wieder in der Mangel.
 
Es bleibt spannend in der Wegfindung meiner selbst. Wir werden sehen was die nächsten Monate so bringen werden. Ob ich mich dem Joch der Arbeit entsagen kann und Dinge machen kann, die auch etwas mehr Sinn haben, oder ob ich wieder da anfange wo ich aufgehört habe.

 

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