Wenn man außerhalb der saarländischen Grenzen vom saarländischen Landtag erzählt, schaut der Rest der Republik einen mit großen Augen an. Knapp eine Millionen Einwohner zählen die von Wald und Wiesen durchzogenen Lande. Sie liegen damit zwar immer noch vor Bremen, die rund 300.000 weniger Einwohner verzeichnen, doch immerhin ist Bremen eine Stadt, und kein Flickenteppich von kleinen Städten, Gemeinden und Kommunen. Und so geschieht es doch recht oft, dass man gar nicht glauben will, dass dies keine Kommunal-, sondern eine Wahl für ein Landesparlament ist.
Eines ist sicher: die Landtagswahlen im Saarland sind ein deutscher Sonderfall. Angefangen von Wahlkampf bis hin zu den Persönlichkeiten die sich zur Wahl stellen. Umso mehr lohnt es sich anlässlich des bevorstehenden Urnenganges einmal genauer auf Parteien und Spitzenkandidaten zu schauen und eine kleine Bilanz zu ziehen. Aber zunächst mal eine kleine Vorstellung der wichtigsten Player und ihrer Historie, bevor wir uns ein wenig genauer mit den jeweiligen Wahlprogrammen beschäftigen.
Die CDU und Annegret-Kramp Karrenbauer
An der Saar ist neben vielen anderen Dingen das Akronym AKK mittlerweile ein fester Bestandteil. Doch auch die CDU hat an der Saar in den letzten Jahren turbulente Zeiten hinter sich. Nachdem 2009 das Projekt Jamaika in einen Koalitionsvertrag gepresst wurde, musste man das kleine Projekt Anfang 2012 schon aufkündigen. Die einst allmächtige Saar-CDU, die einst allein regieren konnte, durfte sich am Bund ein Beispiel nehmen, und musste mit der SPD koalieren. Doch während man 2012 noch mit Merkel Wahlkampf machen konnte, zaubert die SPD jetzt plötzlich Schulz aus dem Hut.
Die SPD und Anke Rehlinger
Während sich gefühlt das halbe Saarland mittlerweile an der Bundespolitik beteiligt, tritt dieses Jahr Anke Rehlinger für die Saar-SPD an. Kein ganz neues Gesicht, denn nachdem Maas den Zug Richtung Berlin nahm, wurde sie zur neuen stellvertretenden Ministerpräsidentin und strebt nun ihre Beförderung an. Laut einem Stimmungsbarometer zieht sie in Direktvergleich mit der amtierenden Kramp-Karrenbauer allerdings noch deutlich den kürzeren. Die letzte Umfrage zur Landtagswahl sieht die Konkurrenz noch um zwölf Prozent vorne – allerdings liegt diese noch vor der Ernennung von Schulz.
Die Linke und Oskar Lafontaine
Die Linkspartei ist traditionell eine starke Kraft im kleinsten Bundesland (zumindest in den letzten zwei Legislaturperioden) – und das ist vor allem an eine Personalie gekoppelt: Oskar Lafontaine. Als er 2009 für die Linke als Spitzenkandidat antrat holte seine Partei 21 Prozent und entthronte die CDU. Doch so lange dessen Karriere schon ist, so viele Kontroversen haben sich um seine Person aufgetan. So sagt man ihm des öfteren einen recht plakativen Populismus nach, und auch am rechten Rand wird oft gekratzt um Wählerstimmen für links zu mobilisieren. Ob blanker Populismus und links-nationale Phrasen wieder ein entsprechend hohes Ergebnis versprechen bleibt abzuwarten – allerdings muss vor allem eine Partei um ihre Stimmen bangen: die AfD.
Die FDP und Oliver Luksic
Die FDP hatte sich mit dem Bruch des Saarmaika-Experiments und damit verbundenen internen Kämpfen der eigenen Existenz beraubt. Während sie 2009 noch etwas über neun Prozent erhielt, waren es 2012 nur noch ein wenig über ein Prozent. Seitdem ist die FDP an der Saar auf der Suche nach ihrem eigenen Profil. Grell-bunte Plakate mit einem Bild von Oliver Luksic in Che Guevara Manier sollen jedenfalls junge liberale Wähler anziehen – man kann sich sogar aussuchen wo man sein ganz persönliches FDP Plakat aufhängen lassen will – gegen eine kleine Spende natürlich. Luksic verspricht ein neues Saarland mit weltbester Bildung und wirkt auch sonst ganz cool und hipp. Ob das reicht um den Schock der letzten Wahlen zu überwinden wird sich noch zeigen müssen.
Die Grünen und Hubert Ulrich
Auch die Grünen schweben im Saarland standardmäßig in der Nähe der Fünf-Prozent Hürde herum. Deren Spitzenkandidat Hubert Ulrich bekleckerte sich bei der Jamaika Koalition nicht mit Ruhm, denn dort gab es einige Ungereimtheiten bezüglich Parteispenden von der FDP an die Grünen. Selbst aus den eigenen Reihen warf man ihm allerhand Vorwürfe entgegen – so nannte Cohn-Bendit ihn einen „Mafiosi“. Und dann gibt es da noch eine persönliche Erbfeindschaft zwischen Ulrich und Lafontaine aus den letzten Landtagswahlen. Das grüne Bündnis scheint im Saarland immer noch ein wenig auf der Suche nach ihrem Profil zu sein – und das immer mit einem flauen Fünf-Prozent Gefühl im Magen.
Die AfD und Rudolf Müller
Rudolf Müller geriet vor allem mit dem Verkauf von Nazi-Antiquitäten in überregionale Schlagzeilen. Und generell wird der AfD im Saarland ohnehin ein recht großer Rechtsdrall nachgesagt. Man ist sich allerdings nicht so sicher, ob die AfD die NPD im Saarland unterwandert, oder ob die NPD dies mit der AfD tut. Selbst Frauke Petry wurde die ganze Sache etwas zu rechts und wollte den Landesverband Saar unter der Führung Josef Dörrs eigentlich auflösen. Doch trotz eines Bundesparteitagbeschlusses blieb die AfD Saar stur und klagte erfolgreich gegen die Auflösung vor dem Schiedsgericht. Und trotz der Bitte von Petry und Meuthen doch bitte trotzdem nicht bei der Landtagswahl anzutreten, findet sich der Landesverband nun doch auf den Wahlzetteln.
Die Piraten und Gerd Rainer Weber
Als die Piraten an der Saar 2012 den Landtag kaperten war die Überraschung groß. Denn der Weg war ziemlich holprig und unvorbereitet – man musste sich schnell noch Kandidaten suchen und ein Wahlprogramm schreiben. Und es dauerte nicht lange bis es zur ersten Meuterei kam – so verließ der Vorsitzende Neyses das nach seiner Auffassung sinkende Schiff. Und auch in den letzten Jahren kriselte es bei den Piraten, die sich anscheinend immer noch in ihrer politischen Selbstfindungsphase befinden. Und auch die Umfragen führen die Piraten mittlerweile nur noch unter „Sonstige“. Ob da die nackte Haut auf den Wahlplakten noch helfen kann?
Die Splitterparteien
Nachdem sich Frank Franz, der nationale Vorzeigepolitiker der NPD, in den Bundesvorstand verabschiedete spielt die NPD im Saarland kaum eine Rolle mehr. Wer weiß – vielleicht haben sie mittlerweile genügend V-Männer in der AfD untergebracht. Der Spitzenkandidat Peter Richter hatte jedenfalls den alten Saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller schon im letzte Jahr vor dem Bundesverfassungsgericht treffen dürfen.
Die Freien Wähler sind eher auf kommunaler Ebene anzutreffen – trotz dessen stehen sie auch dieses Jahr wieder pro forma mit Uwe Andreas Kammer auf dem Wahlzettel. Sie selbst verstehen sich weniger als Partei, sondern viel mehr als engagierte Bürger.
Das Bündnis Grundeinkommen schmückt zum ersten Mal den saarländischen Wahlzettel. Wo andere Parteien ihr Profil und ihre Identität suchen, schafft das BGE ihr Wahlprogramm in zwei Wörtern verdichtet dem Wähler direkt auf dem Stimmzettel zu präsentieren.
Das Demokratische Bündnis Deutschland ist ein weiterer Newcomer in der saarländischen Parteienlandschaft. Die wohl interessanteste Persönlichkeit der Partei ist Peter Kielbassa – der besser bekannt unter dem Namen Peter Bond in dem ein oder anderen pornographischen Schmuckstück der 70er und 80er mitgewirkt hat. Der Spitzenkandidat des DBD Hans Peter Pflug hat aber auch eine kleine AfD-Vergangenheit, doch nun hat er nach seinem Rücktritt anscheinend einen neuen Platz in der bürgerlichen Mitte gefunden.
Ein weiterer Stern am Parteienhimmel nennt sich die Einheit – eine Partei, die sich an Aussiedler und Migranten richtet. Die setzen sich übrigens gegen „illegale Einwanderung“ ein und bestehen zu einem Großteil aus Osteuropäern. Der Internetauftritt ist sogar in Russisch verfügbar und auch sonst ließt sich die Website wie ein deutscher Ableger von „Einiges Russland“ und gehen mit Andrej Bott ins Rennen.
So langsam gehen die metaphorischen Einleitungen für neue Parteien aus – von daher kurz und schmerzlos eine weitere neue Partei: die Reformer. Und die wollen all das besser machen was in der aktuellen Politik schief läuft, indem sie sich wieder an bürgerlichen Interessen orientieren. Damit sollen Nichtwähler mobilisiert werden, und extremen Protestparteien der Wind aus den Segeln genommen werden. Das will wohl auch Spitzenkandidat Paul Müller erreichen.
Wem die Reformer allerdings nicht liberal und konservativ genug sind, für den gibt’s die Liberal-Konservativen Reformer. So nennt sich jedenfalls das Abspaltungsprodukt, das sich gerade noch so von der AfD lösen konnte. Doch ohne den ganzen Populismus und Nähe zu Rechten will es irgendwie nicht so gut funktionieren. Doch die Euro-Skepsis ist geblieben und Sven Wagner soll’s richten.
Zu guter letzt geht es um die Familie und eine eigens für sie gegründete Partei. Mit 1.7 Prozent führte die Familienpartei die Liste der „Sonstigen“ bei der letzten Landtagswahl an. Roland Körner will als Spitzenkandidat auch bei dieser Wahl wieder die Familie in den Vordergrund rücken – so plädiert die Partei beispielsweise für ein Wahlrecht ab Geburt. Also falls der Vater mit zwei Kindern ein wenig rechts ist gibt’s gleich drei Stimmen für die NPD.
So viel zur kleinen Vorstellung der Parteien und ihrer Kandidaten. In Bälde folgen dann ein paar genauere Blicke auf die jeweiligen Programme der Parteien, damit sich hier auch endlich mal mit Inhalten beschäftigt wird. Bis dahin viel Spaß beim Nachlesen und Meinungsbilden!