Es ist ja heutzutage gängig geworden in seiner freien Zeit so weit wie möglich das Weite zu suchen. Die Reisen führen manch einen um den halben Globus, zu völlig fremden Kulturen und in eine völlig andere Welt. Doch die liegt manchmal auch direkt um die Ecke, ohne dass wir es eigentlich merken – gut manch einer mag sagen, dass man in Deutschland doch auf keine fremde Kultur findet. Dem empfehle ich beispielsweise die saarländischen Lande – beispielsweise für einen Sprachkurs nach Primstahl oder einen Kulturschock auf der Marpinger Kirmes.
Doch was eigentlich gesagt werden will, ist, dass auch im eigenen Land durchaus schöne Schätze schlummern. Wie beispielsweise in Traben-Trarbach, einer 5000-Seelen Gemeinde, die wie eine idyllische Exklave des Garten Edens wirkt – nur etwas hügeliger. Das Örtchen an einer Moselschleife bietet neben ansehnlichen Fachwerk- und Jugendstilbauten auch eine spannende Geschichte. Die dortige Grevenburg wurde im 14. Jahrhundert wurde ursprünglich als Sitz der Sponheimer Grafen erbaut. Der berühmte Festungsbaumeister Vauban nutze nach der Eroberung der Burg durch Louis XIV. die exponierte Lage der Höhenburg aus. Er integrierte sie in seine Pläne für die zu bauende Festungsanlage Mont Royal, die ähnlich wie die Elbphilharmonie heute ein gewaltiges Bauprojekt darstellte – sowohl in finanzieller Hinsicht, als auch in Hinblick auf die Dimensionen der Festung.
Doch die Idylle blieb nicht von langer Dauer – Kriege und Plünderungen führten zur Verwüstung, und so stehen heute nur noch Ruinen wo einst gewaltige Festungsmauern und Bastionen aus dem Boden schossen. Überwuchert vom Grün des Waldes finden sich eingestürzte Steinstätten und Höhlen, die nur noch Schatten an warmen Sommertagen spenden. Ein Wanderweg schlängelt sich auf den Grundrissen der verschliffenen Anlage umsäumt von gewaltigen Tannen und Büschen. Der Ort, der schon viele Kriege erlebt hat, hat sich zu einem Ort der Stille gewandelt. Auf dem Rundgang trifft man manch Wanderer und Familie, und sogar ein Kletterpark findet sich inmitten der alten Ruinen wieder. Doch man verliert sich schnell in einer der Befestigungen, um die die Natur mittlerweile ein Labyrinth gebildet hat.
Für weniger Abenteuerbegeisterte hat Traben-Trarbach dennoch einiges zu bieten – schon ein Rundgang in der Stadt führt dazu, dass man sich in die hübschen Häuser im Ortskern ein wenig verliebt. Die Jugendstil-Bauten, die sich an der Moselschleife anreihen, wirken natürlich und nicht aufdringlich. Der Berliner Architekt Bruno Möhring entdeckte um die Jahrhundertwende nämlich seine Liebe für die Moselromantik und verwirklichte sich in Ort – beispielsweise mit dem Brückentor oder der Villa Huesgen. Aber auch der alte Stadtturm auf der Trabacher-Seite ist begehbar und ermöglicht einen wunderbaren Überblick von oben.
Eines steht fest – Armut steht der rheinland-pfälzischen Kommune jedenfalls nicht ins Gesicht geschrieben. Das liegt eben vor allem auch an dem regen Tourismus, denn pünktlich zu Sommerbeginn fahren Kolonnen von Wohnmobilen vor. Der Wein ist ebenfalls nicht zu vernachlässigen – es geht nämlich nichts bis wenig über einen guten Moselwein eines renommierten Trabener Winzers. Doch wer mit dem Zug nach Traben-Trarbach möchte, sollte sich etwas Zeit einpacken. Denn der Zug besteht aus einem Waggon, fährt nur alle Stunde, aber ist dafür so etwas wie der Schrank zu einer fantastischen Narnia-ähnlichen Welt.