Vor der Sommerpause ist es im Bundestag ja üblich Gesetzespakete zu beschließen was das Zeug hält. Doch während sich jedes Leitmedium um die angemessene Beisetzung Kohls streitet, wurden im Bundestag extreme Einschnitte in die Grund- und Freiheitsrechte der Menschen beschlossen.
1. Die Ausgestaltung des Strafverfahrens
Die Gesetze „zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens“ sehen unter anderem folgendes vor: Zugriff auf Endgeräte (Smartphone inkl. Messenger, etc.) mittels eines Trojaners, Führerscheinentzug bei Vergehen unabhängig des Straßenverkehrs, Blutentnahme ohne richterliche Anordnung, Erscheinungspflicht bei Polizei statt erst vor einem Richter. Diese Maßnahmen ebnen dem Staat nun vorher nicht da gewesene Möglichkeiten zur Strafverfolgung – für den hohen Preis der informationellen Selbstbestimmung.
2. Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz
Das „NetzDG“, das Hasskommentare in sozialen Medien verhindern und löschen will. Hört sich zwar gut an, ist aber leider nicht zu Ende gedacht. Denn es erhebt Unternehmen wie Facebook zu richterlichen Instanzen unter Androhung von Strafe bei Nicht-Löschung von Hass-Kommentaren. Ständig taucht das Zitat auf, dass das Internet kein rechtsfreier Raum sei – das ist richtig, und Hassreden im Internet sind genauso strafbar, was allerdings bereits von bestehenden Strafrecht gedeckt ist. Löschung durch Firmen hingegen programmiert Zensur unter staatlichen Druck jedoch vor – das sieht übrigens sogar der UN-Sonderbeauftragte ähnlich, der die Meinungsfreiheit gefährdet sieht.
3. Lex NPD
Das Gesetz „Lex NPD“. Dieses regelt den Ausschluss der NPD von der Parteienfinanzierung mit der Begründung der Verfassungsfeindlichkeit. Das bedurfte einer Grundgesetzänderung, sodass sich der Artikel 21 nun folgendermaßen liest:
„Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen. Wird der Ausschluss festgestellt, so entfällt auch eine steuerliche Begünstigung dieser Parteien und von Zuwendungen an diese Parteien.“
Die Grundlage für diese Änderung ist das jüngste Verbotsverfahren, dessen Urteil im Januar 2017 der NPD zwar verfassungsfeindliche Ziele zusprach, sie allerdings nicht als konkrete Bedrohung für die Freiheitlich-Demokratische Grundordnung wahrnahm. Ob das Verbot zur Parteienfinanzierung überhaupt für die NPD greifen kann bleibt fraglich, denn immerhin ist sie ja nicht verboten worden.
Darüber hinaus bleibt ein fader Beigeschmack, wenn man die kürzlich beschlossenen Gesetze des Bundestags betrachtet. Denn Gesetze wie das NetzDG kratzen an den Grundrechten der Bürger, und somit auch an der Grenze zur Verfassungswidrigkeit. Damit fielen auch die Regierungsparteien unter Artikel 21. Denn die Einschränkung der Freiheit der Bürger ist nichts anderes als eine Beeinträchtigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung.
Und während sich Bundesjustizminister Mass mit den neuesten Gesetzesbeschlüssen brüstet, philosophiert er auf Twitter über die Ehe für alle. Anstatt sie mit der vorhandenen Mehrheit im Bundestag zu beschließen (wie beispielsweise die Punkte 1-3), wird das Thema lieber zum Wahlkampfthema erhoben.
Die ‚Ehe für alle‘ sollte kein Streitthema sein, sondern eine Selbstverständlichkeit. Vollständige Gleichstellung muss kommen. #Ehefueralle pic.twitter.com/uxDbsl36y1
— Heiko Maas (@HeikoMaas) 24. Juni 2017
(Titelbild: EFF CC-BY-SA 3.0 via wikimedia)