Ein grundsätzliches Problem des deutschen Wahlkampfes liegt neben den Kandidaten und Parteien vor allem auch vor allem bei den Medien. Vor allem ein Großteil des öffentlichen Rundfunkes setzt hier auf eine unfruchtbare Debattenkultur statt auf eine fruchtbare Informationskultur, die seinen Zuschauern Hintergrundwissen vermittelt statt sie mit politischen Meinungen der Parteien zu bombardieren. Der krampfhafte Versuch Sendungen wie das Kanzlerduell oder den sogenannten Fünfkampf in ein Unterhaltungsformat pressen zu wollen verfehlt den Auftrag einer Vermittlung eines Fundamentes von Wissen, das zur Bildung der eigenen Meinung heute notwendiger denn je scheint.
Eine Debattenkultur setzt Hintergrundwissen hervor, Duelle vor der Kamera sind äußerst abhängig von Moderation und Themen, unvorhersehbare Versteifungen und Eklats der Diskussion sind die Folge. Was folgt ist ein absoluter Nullgewinn an Information, eine Emotionalisierung der politischen Auseinandersetzung, die vor allem kleinen und obskuren Parteien nützt, die sich mittlerweile darin üben Eskalation zu kalkulieren.
Doch dem Gegenüber stünde eine Informationskultur. Und man darf hier an der Stelle auch einmal gute Ansätze loben. So bietet die Süddeutsche Zeitung ihren Lesern immerhin einen, wenn auch viel zu knappen, Überblick über Wahlprogramme der Parteien an. Die Tagesschau zieht, wenn auch viel zu unkritische, Bilanzen über die vergangen Koalition oder einzelne Schlüsselfiguren der Politik. Natürlich ist der Traum eines jedes Journalisten, dass sich der mündige Bürger direkt auf der Seite des Bundestages über das Abstimmungsverhalten seiner Abgeordneten informiert, auf den Seiten aller Parteien die Wahlprogramme studiert und auf Grundlage dessen zu einem politischen Diskurs beiträgt. Doch das tun die wenigsten. Dadurch erhalten die Medien die Macht, aber auch die Verantwortung für die Gestaltung der öffentlichen Meinung.
Nachrichten müssen nicht langweilig sein, weil sie informativ sind, Wahlkampf muss nicht langweilig sein, wenn er auf Fakten gründet. Eine Informationskultur muss von den Medien geschaffen werden, sie trägt dazu bei dem Diktat der Emotionen innerhalb der Debatte immerhin ein wenig mit Rationalität entgegenzutreten. Es gibt genügend Themen innerhalb der letzten Legislaturperiode, die gegen die Interessen der Bürger stehen – angefangen vom jüngsten Dieselskandal, einer Dtib-Türkeiaffäre, PKW-Maut, NetzwerkDG oder die Erhöhung des Verteidigungsetat, der Deutschland so hochrüstet wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr.
Das alles ist toller Stoff für Diskussionen in Talkshows, in denen sich jeder wieder widersprechen kann. In denen am Schluss keiner schlauer ist als vorher, aber jeder glücklich, dass er seine Meinung gesagt hat. Da fragt man sich weshalb diese Verbalduelle nicht schon lange durch eine informative Dokureihe über die Parteien ersetzt wurden. Eine Dokureihe, die in alter Schule das Fundament an Hintergrundwissen errichtet, die über die gefühlte Meinung hinaus geht und tatsächlich den Menschen einen Mehrwert zur faktischen Meinungsbildung bringt.
Titelbild: Isaac Cruikshank-Debating Society (Public Domain)